Australischer Folk mit Wucht – live mit den Pierce Brothers
Melbourne, Bourke Street. Wer sich vor gut zehn Jahren dort durch die Straßen treiben ließ, konnte mit etwas Glück Zeuge eines musikalischen Anfangs werden, der heute internationale Hallen füllt. Zwischen Cafés und Passant*innen standen damals zwei junge Männer mit Gitarre, Mundharmonika und einem Schlagzeug. Heute kennen viele ihre Namen: Jack und Patrick Pierce – die Pierce Brothers.
Aus dem Schatten anderer australischer Straßenmusik-Legenden wie Tash Sultana und Tones and I sind die Zwillingsbrüder längst herausgetreten. Statt Pflastersteine nun Festivalbühnen, statt Hutgeld Millionen Streams: Über 40 Millionen Mal wurden ihre Songs weltweit gehört. Und doch sind die Ursprünge nie ganz verschwunden – weder aus ihren Liedern noch aus ihrer Haltung zur Musik.
Die Pierce Brothers sind ein musikalisches Phänomen, das sich nur schwer greifen lässt: Da ist zum einen die rohe Energie ihrer Konzerte – zwei Männer, ein Arsenal aus akustischen Instrumenten, dazu dieser unbändige Wille, eine Halle zum Beben zu bringen. Zum anderen aber auch eine große Melancholie. In Songs wie „Run Around The Lake“ spiegelt sich das Nomadenleben der Tourmusiker: Fernweh, Heimweh, Selbstzweifel – alles dicht verwoben mit hymnischen Refrains, die live von Hunderten mitgesungen werden. Ihr aktuelles Album „Everything Is Bigger Than Me“, erschienen im März 2024, ist ein Beweis dafür, dass diese Brüder nie stehen bleiben. Es debütierte auf Platz 1 der australischen Indie- Charts und glänzt mit eingängigen Melodien und einer erstaunlichen Reife. Mitproduziert in Jack Pierces Heimstudio und getragen von Einflüssen wie Noah Kahan, ist es das vielleicht erwachsenste Werk der beiden – und gleichzeitig ein Rückblick: Zehn Jahre nach ihrer ersten gefeierten EP „The Night Tree“ kehrten sie anlässlich der Veröffentlichung noch einmal zurück auf die Straße – buskend, so wie alles begann.
Auch das musikalische Netzwerk der Brüder wächst stetig. Neben regelmäßigen Kollaborationen mit Tash Sultana oder Steph Strings gründeten sie 2024 ihr eigenes Label Woolstore Records – eine Plattform, die künftig auch anderen Künstler*innen Raum geben soll. Ein mutiger Schritt, der zeigt, dass die Pierce Brothers nicht nur Musiker, sondern längst auch Impulsgeber innerhalb der Szene sind. Doch ihre wahre Kraft entfaltet sich auf der Bühne. Wer einmal ein Livekonzert der Pierce Brothers erlebt hat, wird es so schnell nicht vergessen: Mit jeder Bewegung verschmelzen sie mit dem Rhythmus, ihre Stimmen tragen das Publikum von Euphorie bis zur leisen Gänsehaut. Sie brauchen kein großes Setup – ihr Bühnenbild ist ihre Präsenz. Und wenn sich am Ende hunderte Kehlen zum kollektiven „Ohhh“-Chor erheben, dann weiß man, warum diese Brüder von den Straßen Melbournes aus die Welt erobert haben.
Im Februar 2026 kommen die Pierce Brothers zurück nach Deutschland – mit drei Konzerten, die wie ihre Musik selbst sein dürften: ehrlich, leidenschaftlich und mitreißend. Wer sie noch nicht kennt, sollte sich diesen Moment nicht entgehen lassen.